Revolution & Aktivismus

Ich möchte in diesem Text ein wenig über Revolution philosophieren. Mich treiben in letzter Zeit einige Gedanken dazu um und ich befürchte das mein Wunsch nach Revolution, also einer fundamentalen Veränderung des Systems und seiner Funktionen, einem romantischen Gedanken entspringt. Aber vielleicht bin ich einfach zu pessimistisch. Im weiteren möchte ich noch ein, zwei Gedanken zum Stichwort Aktivismus loswerden. Insgeheim hoffe ich das meine Gedanken, hier oder woanders, eine rege Diskussion anstoßen.

REVOLUTION! Wie oft hab ich diesen Begriff aus tiefster Überzeugung und aus vollem Hals gebrüllt. 1977 geboren, durfte ich meine Kindheit in den 80ern und meine Jugend in den phantastischen 90ern erleben. Im großen und ganzen bin ich gut behütet in Hannover herangewachsen um mit Anfang 20 nach Hamburg zu ziehen. Die große, weite Welt hat gerufen. Man darf also mit Fug und Recht behaupten das ich ein Kind einer ausgeprägten Wohlstandzeit im reichen Europa bin. Aufgrund meines Lebensweges hab ich allerdings schon frühzeitig festgestellt das es in dieser Welt keinesfalls gerecht zugeht und meine Ablehnung gegen den Staat, gegen Krieg und Umweltzerstörung deutlich gezeigt und artikuliert. Der Punk war für mich Rettungsinsel und Rückzugsort in einer vom Großkapital geprägten Welt. Ich hatte den absoluten Wunsch diesen Zustand von unverhältnismäßig ungerecht verteiltem Wohlstand zu verändern. Also begann ich Revolution zu fordern ohne mir viele Gedanken über die wahre Bedeutung von Revolution zu machen.

Mit fortschreitendem Lebensalter hat sich an den Verhältnissen auf diesem Planeten wenig verändert, da diese ungerechte Verteilung eher zu- als abgenommen hat. Mein Wunsch nach Revolution ist ungebrochen, aber in mir wachsen Zweifel. Ich frage mich mehr und mehr was die Alternativen sein könnten und ob es tatsächlich möglich ist eine so große Masse an Menschen in Bewegung zu versetzen das so etwas wie Revolution überhaupt möglich ist. Ist eine friedliche, systemverändernde Revolution realisierbar, oder muss so etwas immer blutig verlaufen? Natürlich gab es in der Menschheitsgeschichte schon friedliche Revolutionen, aber ohne es überprüft zu haben sagt mir mein Bauchgefühl das es mehr kämpferische gab. Revolution erfordert immens viel Kraft und eben einen sehr großen unzufriedenen Teil der Bevölkerung. Haben wir einen so großen Teil in unserer Bevölkerung? Wenn nicht, ist es uns überhaupt möglich einen so großen Teil zu generieren? Wenn nicht, macht es dann überhaupt Sinn Revolution zu fordern, oder gar umzusetzen? Und wie schon angesprochen, was ist das Ziel? Was die Alternative? Die Marionetten zu ersetzen, sie auszutauschen und danach weitermachen? Eigentlich doch eher ein für alle Menschen auf der Welt gerechteres System zu schaffen. Aber ist das mit der gegenwärtigen Menschheit überhaupt möglich? Falls ja, sollten wir uns dann nicht eher mit konkreten Maßnahmen auseinandersetzen, greifbare, überzeugende Programme formulieren die nach einer erfolgreichen Revolution umgesetzt werden können. Falls nicht, ist die Forderung nach Revolution genau so sinnvoll wie in der Sahara Heizpilze verkaufen zu wollen.

Aktivist ist, wer aktiv ist

Aktivismus ist gut. Wer aktiv ist macht deutlich das er/sie/es an Veränderung interessiert ist und sie mitgestalten möchte. Oder zumindest möchte der Aktivist andere Menschen darauf aufmerksam machen das es etwas zu verändern gilt. Greenpeace hat vor langer Zeit versucht große Walfängerschiffe mit kleinen Schlauchbooten an ihrer Jagd zu hindern und damit für erhebliche Aufmerksamkeit gesorgt. Was ist eigentlich mit Greenpeace? Schlauchbootfahren hilft wohl nicht um auf ein sich veränderndes Klima aufmerksam zu machen. Wobei sich auf die Straße zu kleben meines Erachtens genauso viel hilft. Auf jeden Fall erregt man damit die Gemüter seiner Mitmenschen. Es macht sie wütend. Aber worauf? Auf unfähige Politiker, oder auf Jugendliche die sie an ihrer Arbeit/ ihrem Feierabend hindern. Schafft man so eine kritische Masse oder eher nicht? Hilft es bunte Schilder auf betreuten Demonstrationen zu präsentieren um eine unfähige Regierung abzusetzen, oder möchte man damit die Verantwortung zu handeln nur auf andere, mutigere, fähigere Menschen abschieben? Hilft es Wochenende für Wochenende an Verkehrskreiseln auf untragbare Zustände aufmerksam zu machen, oder ist das ein liebgewonnenes Hobby bei dem man tolle, nette gleichgesinnte Menschen trifft.

Ich will wirklich niemanden entmutigen oder provozieren! Das sind einfach Gedanken die mich zum Jahreswechsel begleitet haben und die ich mal loswerden musste. Ich würde mich freuen wenn wir alle mehr in die Verantwortung gehen. Meiner Ansicht nach können wir das System nur ändern wenn wir aktivistische Gestalter werden. Gründet Vereine, Genossenschaften, Kommunen! Schaffen wir uns selber neue Realitäten anstatt von anderen zu fordern sie für uns zu schaffen. Jeder in seiner Region, in seinem Umfeld und gemeinsam auf der ganzen Welt. Falls ihr besonders mutig oder abenteuerlustig seid, wäre vielleicht folgende Dokumentation eine Inspiration für euch. Ihr solltet aber über eine gute Rechtsschutzversicherung verfügen…

Die Yes men regeln die Welt: https://www.youtube.com/watch?v=AMWv3VY-4v8

4 Gedanken zu „Revolution & Aktivismus“

  1. Vielen Dank mein gelber Bruder. Ich wollte nicht entmutigend sein. Aber ich denke wir alle brauchen neue Impulse. Dabei hilft ja vielleicht auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem bisherigen Verlauf. Die gelbe Weste ist in jedem Fall ein starkes Symbol! Leider verstehen das viel zu wenige. Und das trotz des unermüdlichen Einsatzes so vieler guter Menschen überall in Europa.
    Besonders hier in Deutschland verlieren wir uns in Grabenkämpfen, was zu viel rechts ist und zu wenig links ist. Ein wesentlicher Bestandteil meiner Vorstellung von Revolution ist, die Welt so gerecht zu gestalten das dieses Denken in rechts/links Kategorien unnötig wird.

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  2. Es ist nicht nur ein Hobby, das ma lieb gewinnen kann sondern auch noch ein sinnvolles, an der gesellschaftlichen Evolution mit zu wirken.
    Tja, Revolution (Umwälzung) muss auch nicht gewalttätig sein, sondern das revolutionäre daran wäre evtl. sogar die Friedlichkeit mit der Kraft der Masse. Bei Gewaltbereiten kommt doch wieder nur der Stärkste nach oben und nichts hätte sich wirklich geändert.
    Es wird eine Entwicklung sein – so mit ‘lerning by doing’.
    Bleiben wir dran 😊

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